Ehrenamtliche, Jennifer Rydlichowski

Ich habe Selbst-
bewusstsein
gefunden. Früher
habe ich mir nicht
so viel zugetraut.

Geburtsjahr: 1959
Ehrenamtlich
aktiv seit: 2010
Engagiert bei: Stadt-
teilzentrum Pankow *
Vermittelt von:
FreiwilligenAgentur Pankow

Andrea

Kuhn

Was ist Ihr Beruf? Wie hat das die Wahl Ihres Ehrenamts beeinflusst?

» Ich habe Beiköchin gelernt. Ich arbeite als Küchenhilfe beim Sozialdienst katholischer Frauen. Davor habe ich in einer Werkstatt für Menschen mit einer Beeinträchtigung gearbeitet. Jetzt in einem ausgelagerten Arbeitsplatz von der Delphin Werkstatt.

Im Stadtteilzentrum helfe ich in der Küche und bei der Kinderbetreuung, zum Beispiel beim Basteln. Ich habe dort aber auch schon den Nikolaus gespielt. Demnächst will ich mit der Arbeit in der Küche aufhören. Die großen Töpfe sind sehr schwer zu tragen und das wird mit dem Alter immer schwieriger für mich. Aber dann will ich auf jeden Fall mehr ehrenamtlich arbeiten. ‹‹

Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich? Was motiviert Sie zu Ihrem freiwilligen Einsatz?

» Vor elf Jahren habe ich beim Projekt Kiezatlas mitgearbeitet. Da werden Lieblingsorte im Stadtteil vorgestellt. Der Kiezatlas ist in einfacher Sprache geschrieben und man erfährt, wo schöne Orte sind und ob man da mit dem Rollstuhl reinkommt und ob es Treppen gibt oder eine Rampe. Wir haben uns hier im Nachbarschaftshaus in Pankow getroffen. So bin ich hier das erste Mal hergekommen. Und das hat mir so gefallen, dass ich gefragt habe, ob ich hier ehrenamtlich arbeiten kann. Ich wollte mir einen Traum erfüllen. Ich arbeite gerne mit Kindern und das kann ich hier. Ich wurde dann erst beobachtet, ob ich das auch kann. Dann haben sie gesagt: „Andrea, das schaffste”. Und seitdem helfe ich hier mit. Beim Spielen und Basteln und in der Küche. ‹‹

Was begeistert Sie an ehrenamtlicher Arbeit? Und welche Erfahrungen finden Sie eher schwierig?

» Das Lachen der Kinder. Man merkt das am besten beim Backen. Da fliegt dann auch mal der Teig. Was mich stört, sind manchmal die Eltern, wenn sie sich zu sehr einmischen. Wenn wir die Kekse in den Ofen schieben, haben sie oft Angst, weil der Ofen heiß ist. Aber die Kinder sollen doch selbstständig sein. Wenn die Eltern dazwischenfummeln, gehen die Kinder oft weg und verlieren die Lust.

Für mich ist die Arbeit auch toll. Hier bin ich anerkannt, komme zu Hause mal raus. Ich habe Selbstbewusstsein gefunden. Früher habe ich mir nicht so viel zugetraut. ‹‹

 Andrea Kuhn ist seit acht Jahren ehrenamtlich aktiv im Stadtteilzentrum Pankow, davor beim Projekt Kiezatlas und bei der Beratung von Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung.

Wie äußert sich das?

» Ich habe eine kleine Beeinträchtigung. Ich habe als Kind einen Unfall gehabt. Ich bin beim Sport von einer Treppe heruntergefallen und im Krankenhaus wieder aufgewacht. Ich musste wieder laufen und sprechen lernen. Seitdem vergesse ich manchmal Sachen. Ich bin dann auf eine Sonderschule gekommen und habe nicht Lesen und Schreiben gelernt. Mich hat niemand gefördert und ich hatte viele blöde Lehrer. Hier im Nachbarschaftshaus bin ich mit Liebe aufgenommen worden. Da hat keiner gesagt, die ist doof und kann das nicht. Da war gleich viel Wärme. Und vor drei Jahren habe ich dann sogar mit einer privaten Lehrerin Lesen gelernt. Jetzt versuche ich allein sogar Bücher zu lesen. ‹‹

Und das geben Sie zurück. Wenn man Sie hier sieht, sind Sie die gute Seele des Hauses?

» Ja. Ich will auch Liebe schenken. Wir sind alle gleich, finde ich. Ich koche auch Kaffee für alle und lege Süßigkeiten auf den Tisch. Das ist meine Wärme. Da freuen sich alle drauf und ich schaue immer, dass jeder was abkriegt. Ich hatte keine richtige Kindheit und Jugend und keine Wärme. Ich möchte jetzt anderen, die schwach sind, helfen und ihnen Wärme geben. ‹‹

Darüber hinaus engagieren Sie sich auch für die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigung. Als Anwältin in eigener Sache.

» Genau. Ich gehe in Werkstätten und gebe da Tipps, was man besser machen kann. Sage, wie man mit Menschen umgehen soll, die eine Beeinträchtigung haben. Dass man sie gut behandeln muss. Das ist mir wichtig. Ich bin oft unterdrückt worden und wurde nicht gut behandelt. Aber heute nicht mehr. ‹‹

Das Stadtteilzentrum Pankow ist ein Begegnungs- und Veranstaltungsort für den Kiez.
www.stz-pankow.de

Andrea Kuhn ist seit acht Jahren ehrenamtlich aktiv im Stadtteilzentrum Pankow, davor beim Projekt Kiezatlas und bei der Beratung von Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung.