Ehrenamtliche, Jennifer Rydlichowski

Soziale
Kommu-
nikation ist
unheimlich
wichtig…

Geburtsjahr: 1957
Ehrenamtlich
aktiv seit: 2017
Engagiert bei
und vermittelt von:
Bürgerstiftung Berlin

Vera

Rathje

Was ist Ihr beruflicher Hintergrund?

» Ich habe schon als Jugendliche gern Nachhilfeunterricht gegeben, unter anderem auch einem Kind mit Legasthenie. Nach meiner Schulzeit habe ich eine Ausbildung zur Wirtschaftsübersetzerin gemacht, und später unter anderem Japanologie und Sinologie studiert. Während meines Studiums habe ich Führungen im Museum angeboten, und nach dem Studium dann als Lektorin gearbeitet. Also Wissensvermittlung und Sprache waren eigentlich schon immer mein Ding, dafür brenne ich. ‹‹

Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich? Was motiviert Sie zu Ihrem freiwilligen Einsatz?

» Ich möchte etwas von all dem weitergeben, was mir meine Eltern und viele andere Menschen geschenkt haben. Angefangen habe ich mit Vorlesestunden in einer öffentlichen Bibliothek, aber das war eher für ohnehin von ihren Eltern geförderte Kinder. Ich wollte aber etwas für Kinder tun, die es wirklich brauchen. So kam ich als Lesepatin zur Bürgerstiftung Berlin, die dann für mich auch eine barrierefreie Schule finden konnte. ‹‹

Was begeistert Sie an ehrenamtlicher Arbeit? Und welche Erfahrungen finden Sie eher schwierig?

» Soziale Kommunikation ist unheimlich wichtig für die Seele und das Gehirn. Gerade wenn man mit Kindern zu tun hat, muss man ziemlich auf dem Posten sein und wird dabei auch von den Kindern so gefordert, dass da bei einem selbst etwas zutage kommt. Man entdeckt Fähigkeiten an sich, von denen man nichts geahnt hat. Also, wenn Sie mich früher gefragt hätten, ob ich geduldig bin, hätte ich geantwortet: „Um Gottes Willen, nein!“ Aber mit den Kindern an meiner Schule habe ich plötzlich eine Engelsgeduld entwickelt. Das Helfen bewirkt, dass man Fähigkeiten entwickelt, die man dann wieder beim Helfen einsetzen kann. Es ist eine Hin- und Herbewegung. ‹‹

 Vera Rathje engagiert sich als Lesepatin im Projekt LeseLust.

Was war Ihr bisher eindrucksvollstes Erlebnis als Lesepatin?

» Das war ein Gespräch mit einem 12-jährigen Jungen während der Leseförderung. Er hatte eine Mitschülerin verletzt, aber die Menschen an der Schule sind mit diesem schrecklichen Vorfall sehr konstruktiv umgegangen. Sie haben den Jungen nicht verdammt, und der einfühlsame Konflikt-Coach der Schule hat ihn bei der Aufarbeitung seiner Tat unterstützt. Der Junge bat mich nun um Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars. Er wollte sich an der Schule zum Konfliktlotsen ausbilden lassen und musste seinen Wunsch begründen. Er sagte mir, er wolle anderen Kindern beibringen, sich nicht so zu verhalten, denn er habe aus seinen Fehlern gelernt. Das kann mancher 60-Jährige noch nicht von sich sagen. ‹‹

Sie sind auf den Rollstuhl angewiesen. Was ist Ihre Erfahrung in Ihrem Ehrenamt zum Thema Barrierefreiheit?

» Die Bürgerstiftung Berlin hat für mich unter den von ihr betreuten Schulen Berlins nur eine einzige finden können, die in Frage kam, eine Grundschule in Spandau. Wie ich vor einigen Jahren bei einer Online-Suche über das Berliner Schulportal feststellen konnte, gab es zum damaligen Zeitpunkt nur sehr wenige öffentliche Grundschulen in Berlin, die einschließlich der Toiletten barrierefrei waren. Also, was ich ganz persönlich in einer Schule brauche, sind ein ebener oder mit Rampe versehener Zugang, funktionierende Aufzüge, keine Schwellen innerhalb des Hauses, breite Türen, Hilfe bei schweren Brandschutztüren, funktionierende, gut erreichbare barrierefreie Toiletten. Auch wegen der vielen Altbauten in Berlin findet man das leider noch viel zu wenig. ‹‹

Die Bürgerstiftung Berlin ermöglicht mit zahlreichen Projekten ehrenamtliches Engagement in Berlin (z.B. LeseLust). www.buergerstiftung-berlin.de